In dem ausufernden Bestreben alle Phänomene betrieblichen Geschehens messen zu wollen, verbirgt sich eine der größten Führungskrücken. Oder besser gesagt, viele einzelne Führungskrücken. Management by Key-Figures wird einer der größten Management-Trends werden. Auch wenn über Big Data im Moment noch mehr geredet als umgesetzt wird und die Phantasien über die Möglichkeiten der technologischen Entwicklung nicht alle so unmittelbar und vor allem nicht so schnell in die Realität umgesetzt werden, die Tendenz möglichst viele betriebliche Aktivitäten messen zu wollen, ist schon jetzt sehr ausgeprägt. Nun ist gegen Messbarkeit prinzipiell nichts einzuwenden.
Das Ergebnis eines Unternehmens wird letztendlich in einer Zahl ausgedrückt. Und die Kosten, die dieses Ergebnis massgeblich beeinflussen stellen sich auch in Zahlen dar. Es gibt also genügend Erfordernisse in einem Unternehmen Zahlen zu erfassen und die Leistung zu messen. Nahezu automatisch geht damit die Versuchung einher, mit den ermittelten Zahlen auch die Leistung der dahinterstehenden Menschen zu beurteilen. Beispiel Ergebnis: Es ist üblich und natürlich auch berechtigt eine Unternehmensleitung am Ergebnis zu messen. Ich kann ihre Leistung allerdings nicht nur auf das Ergebnis reduzieren. Besonders deutlich wird das in den Fällen, in denen nur der aktuelle Profit zählt und das, was für die kontinuierliche Sicherung des Unternehmens getan wird, in den Hintergrund tritt. Dieses Vorgehen wird dann zu einer Führungskrücke, wenn die Führungsarbeit sich auf die Kontrolle der Zahlen und die Vermeidung von Abweichungen reduziert. Klassisches Beispiel: Zielvereinbarungssysteme. Die in der Regel vielfältige Aufgabenstellung wird auf eine Zielvereinbarung eingedampft, die aus nicht mehr wie fünf Zielen bestehen soll - wie das Lehrbuch sagt. Die unterjährige Zielrevision wird meist schon vernachlässigt und am Ende des Jahres findet das Zielgespräch statt. Betrachtet wird nur noch, wie hoch der Zielerreichungsgrad ist. Für viele Führungskräfte ist damit schon der wesentliche Teil ihrer Führungsaufgabe erledigt. Gerade durch die Zielvereinbarungssysteme wird der Trend verstärkt auch eigentlich nicht messbare Phänome - soganannte qualitative Faktoren - zu messen.
Als HR'ler kann ich ein Lied davon singen. Immer wieder wird versucht die Leistung der unproduktiven Personalabteilung zu messen. Dass ein Personalleiter die Kosten seiner Abteilung kennen und im Griff haben muss, ist klar. Das für HR zuständige Vorstandsmitglied kann aber diesen Bereich und den veranntwortlichen Personalmanger nicht nur nach einigen - womöglich nur Kosten- - Kennzahlen führen. Da ist auch inhaltlicher Input und ebensolches Feedback nötig. Was erwarte ich als Unternehmensleitung von HR? Welche, auch strategischen, Informationen muss ich zur Verfügung stellen? Wie muss ich die Personalleute qualifizieren, damit sie ihren Job im Sinne des Unternehmens erfolgreich ausüben? Das wären einige Aspekte, die zur Führung eines HR-Bereiches gehören. Das läßt sich auf jede andere Funktion übertragen. Darin aber liegt die Gefahr der Führungskrücke. Sie entlastet zwar von und bei der Führungsarbeit. Da ihr Einsatz aber in der Regel auf Dauer angelegt ist, verkümmern die anderen Elemente der Führungsaufgabe.
Führungsarbeit muss damit leben, dass menschliche Arbeit nur bedingt messbar ist und dass Erfolg und Misserfolg mehr sind wie eine Zahl.
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