Wie im letzten Post angedeutet, habe ich gerade als Onlinekunde erlebt, welchen Aufwand eine offensichtlich ungeplante Aktivität in einem elektronisch unerstützten Workflow erzeugen kann. Aufwand, der ja eigentlich durch einen solchen standardisierten Prozess vermieden werden sollte und der zusätzlich auch noch Irritationen beim Kunden erzeugt.
Wir hatten einen Artikel online bestellt und über Paypal bezahlt. Er war für einen anderen Empfänger bestimmt und wir hatten als Adresse eine Packstation in der Nähe seines Wohnortes angegeben, was als Möglichkeit vom Versender vorgesehen war. Der erste Schritt klappte wunderbar und zügig, der Artikel war jedoch offensichtlich zu groß für die Packstation und ging wieder zurück an den Versender. Wir veranlassten eine erneute Zustellung direkt an den Empfänger, was dann auch funktionierte. Einige Tag später bekamen wir eine Mahnung über den Preis des Artikels. Per Mail versuchte ich den Vorgang richtig zu stellen, bekam als Antwort jedoch lediglich die Kopie einer Rechnung zu dem bestellten Artikel. Mit einer zweiten Mail wies ich nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der Artikel nicht zweimal bestellt worden war. Wieder einige Tage später eine erneute Mail des Versandes mit dem Hinweis, dass man unsere Reklamation empfangen habe und den Betrag wieder dem Paypalkonto gutschreiben würde. Darauf wieder eine Mail von mir, mit dem erneuten Versuch einer Richtigstellung. Dann endlich meldete sich eine freundliche Dame des Versandes per Telefon und erklärte mir, dass diese Mails automatisch erzeugt würden, ansonsten aber keine Auswirkungen hätten. Auch eine Gutschrift würde noch keine Guthaben bedeuten. Sie entschuldigte sich mehrmals für die Irritationen und wir erklärten den Vorgang damit für erledigt. Am nächsten Tag - tatsächlich - kam ein Brief von diesem Versand mit der Erklärung, der Artikel sei wohl auf dem Postweg verloren gegangen und man habe sofort Nachforschungen eingeleitet. Der Rechnungsbetrag würde deshalb wieder gutgeschrieben.
Ich will mit diesem Beispiel keinesfalls elektronische Workflows grundsätzlich in Frage stellen. Es gibt mittlerweile Millionen von funktionierenden Online-Versandvorgängen und -reklamationen. Aber abgesehen von der trivialen Forderung, dass Prozesse sauber definiert sein müssen bevor sie in einen Workflow gegossen werden, muss man sich darüber im Klaren sein, dass der zugrundeliegende Vorgang auch wirklich standardisierbar ist. Je komplexer die Verhältnisse sind, desto weniger läßt sich standardisieren. Es ist ein (von Beratern gepredigter) Irrglaube, dass man komplexe Vorgänge nur so weit wie möglich zerlegen müsse, um sie in einen standardisierten Prozess zu bringen. Standardisierung ist nur eine von vielen Möglichkeiten der Komplexitätsreduktion.
Prozesse, insbesondere in elektronischer Form, beeinflussen "reale" Kommunikation. Sie können sie beeinträchtigen und erschweren. Vor allem reduzieren sie informelle Kommunikation. Ohne die kann aber keine Organisation existieren. Wenn man Prozesse als Weiterentwicklung von Hierarchie begreift, kann man sich diesen Zusammenhang bewußt machen.
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