Welcher Zeitpunkt ist geeigneter als der Jahresanfang, um vom Scheitern und von Fehlern zu schreiben. Offensichtlich verbinden ja viele immer noch den Beginn eines neuen Jahres mit guten Vorsätzen. Die Budgets sind auf Null gestellt. Der Wettlauf um die Zielerreichung startet neu. Doch alle Pläne, alle Vorsätze sind untrennbar mit dem Risiko des Scheiterns verbunden, mit Fehlern, die wir unbedingt vermeiden wollen, die wir meist nicht vorhersehen, die aber doch passieren.
Wobei, am Rande bemerkt, Fehler und Scheitern nicht dasselbe sein müssen. Nicht jeder Fehler führt zum Scheitern und nicht jedes Scheitern beruht auf Fehlern. Beispiel Sport: ein Sprinter kann fehlerlos laufen, wenn der Gegner schneller ist, scheitert er.
Um mit diesem Ungemach fertig zu werden haben die stets positiv denkenden Managementtheoretiker vor Jahrzehnten schon die Fehlerkultur erfunden. Aus Fehlern sollen wir lernen. Fehler bringen uns weiter. Fehler sind erst dann zu sanktionieren, wenn sie wiederholt passieren.
Ist das tatsächlich so? Aus welchen Fehlern kann man wirklich etwas lernen?
Beispiel Straßenverkehr: Wenn ich eine rote Ampel überfahre, mache ich zweifelsfrei einen Fehler. Aber kann ich daraus etwas lernen? Dass ich bei Rot anhalten muss, wußte ich schon vorher. Ein Lernen im Sinne eines Erkenntnisgewinns findet nicht statt. Derselbe Trugschluß findet sich in der Total-Quality-Philosophie, die diese "positive Fehlerkultur" offensiv vertreten hat. Dass ein Produkt fehlerfrei hergestellt werden muss, sollte allen Beteiligten bekannt sein. Zu lernen gibt es da nicht viel.
Wenn ein Projekt scheitert, sind meist viele Fehler passiert. Doch kann ich daraus wirklich lernen? Oft ist die Komplexität so hoch, dass man einzelne Fehler gar nicht isoliert betrachten kann. Dann ist das nächste Projekt wieder anders gelagert. Die Rahmenbedingungen sind andere, die Technologie hat sich geändert, so dass die Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht mehr brauchbar sind.
Was also tun? Fehler hinnehmen, sie passieren halt? Das ZEIT Magazin hat in seiner letzten Ausgabe die Titelgeschichte dem Scheitern gewidmet. Grob zusammengefaßtes Fazit: In der Tat kann man aus Fehlern relativ wenig lernen. Sie können und sollen einen aber zur Selbstreflexion bringen. Der Fehler ist der Anlaß sich mit sich selbst zu beschäftigen. Das gilt nicht nur für Individuen sondern auch für Gruppen. Wir werden immer wieder Fehler machen. Wir dürfen uns nicht einbilden irgendetwas daraus gelernt zu haben sondern müssen immer wieder neu lernen. Wir müssen aber den Mut haben zu fragen, warum ist mir das passiert?
Wenn wir uns dabei selbst besser kennenlernen, dann kommen wir auch besser mit unseren Fehlern zurecht
indem wir uns und unsere Organisation weiterentwickeln.
In diesem Sinne, nehmen sie sich nicht zuviel vor.
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