Sind alternative Vertretungsorgane ein Ersatz?
Laut Handelsblatt beträgt die Zahl der Betriebe mit Betriebsrat nur noch zwischen acht und elf Prozent. Insbesondere in mittelständischen Betrieben sind die Mitarbeitervertretungen nicht mehr allzu beliebt.
Parallel dazu gibt es einen gegenläufigen Trend der Entstehung von sogenannten alternativen Vertretungsorganen (AVO). Diese können nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber gegründet werden. Häufig geht die Initiative zur Gründung sogar von diesem aus. Das Betriebsverfassungsgesetz kennt diese Vertretungsorgane nicht an. Deren Rechte werden in Betriebsvereinbarungen formuliert, die oft vom Arbeitgeber inhaltlich beeinflusst oder gar vorgegeben werden.
Diese vom Betriebverfassunggesetz abgekoppelte Gestaltungsfreiheit macht derartige Vetretungsorgane attraktiv.
Doch können und sollten diese Mitarbeitervertretungen ein Ersatz für nach dem BetrVerfG gewählte Betriebsräte sein?
Zunächst muss man festhalten, dass das BetrVerfG in den letzten Jahrzehnten eine bewährte Grundlage für die Erhaltung des Betriebsfriedens war. Es hat dem, trotz aller "Wir sitzen alle in einem Boot" - Rethorik, bestehenden Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen regulatorischen Rahmen gegeben und damit auch einen Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet.
Das heißt natürlich nicht, dass auch dieses Gesetz auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf aktuelle Etnwicklungen ggf. angepasst werden muss. So könnte man insbesondere für mittlere Betriebe größere Regelungsspielräume schaffen ohne den Kerngedanken des Gesetzes aufzugeben. Auch die veränderten Anforderungen durch die technologische Entwicklung müssen berücksichtigt werden.
Wenn man Mitarbeitendenvertretung ernst nehmen will, sollte man eine für alle geltende gesetzliche Regelung akzepieren und sie nicht den individuellen Unternehmensinteressen überlassen. Dann besteht die Gefahr, dass es eine Schönwetterregelung ist, die beispielsweise in einer Krisensituation nicht mehr zum Tragen kommt. Gerade dann kommt es aber darauf an, dass die Betroffenen ihre Intereesen artikulieren und auch vertreten können.
Eine gesetzliche Regelung schafft eine für alle Beteiligten verlässliche Grundlage, die nicht nach den jeweiligen Unternehmensinteressen zugeschnitten werden kann. Gerade das kann auch ein Wettbewerbsvorteil im Ringen um Fachkräfte sein.
Vor allem diejenigen, die heute so gerne von Selbstbestimmung oder gar Demokratisierung in Unternehmen reden, sollten überlegen, was diesen Zielen mehr dient, eine verläßliche, gesetzlich geregelte Betriebsverfassung oder eine im Unternehmen von oben beeinflusste oder vorgegebene Regelung.
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