Sonntag, 28. März 2021

Könnten Manager etwas von Frau Merkel lernen?

 Ja, aber sie werden es nicht tun.

Frau Merkel hat ein neues Kapitel für die Endlos-Enzyklopädie zur Führungslehre geschrieben. Wer sich allerdings die Mühe macht, in den Jahrzehnte alten, bereits erschienen, Folianten zu blättern wird auch dieses Kapitel bereits mehrfach vorfinden. Es handelt von Entscheidung, von Verantwortung und von Führung schlechthin.

Die Bundeskanzlerin hat mit breiter öffentlicher Wirkung die Verantwortung für einen Fehler übernommen und dafür um Verzeihung gebeten. Das verdient in jeder Hinsicht Respekt und könnte auch für Manager ein gutes Vorbild sein. Dass es in dieser Hinsicht jedoch keinerlei Wirkung zeigen wird, kann man schon an der Reaktion der beteiligten MinisterpräsidentInnen sehen. Die waren zwar auch an dieser Entscheidung beteiligt, doch entschuldigt hat sich bisher keine(r). Der eine zollt zwar der Kanzlerin auch Respekt, aber sein eigenes Mitversagen gesteht er nicht ein. Die andere kartet sogar noch nach und stellt dar, sie hätte sich von der Idee Merkels spät in der Nacht überrumpelt gefühlt. Möglicherweise kann man der gewieften Taktikerin Merkel duchaus Kalkül bei der Art und Weise der Präsentation ihrer Idee unterstellen, aber die KollegInnen aus den Länder saßen mit am virtuellen Tisch und hätten ihren Mund aufmachen können. Auch sie sind allesamt Profis und können kaum so ermattet gewesen sein, dass sie nicht auf die Risiken dieser Entscheidung hätten hinweisen können. Also müssten sie jetzt auch zusammen mit der Kanzlerin dafür einstehen. Es ist allerdings wesentlich bequemer dem Anderen vollmundig Respekt zu zollen, als selbst Verantwortung zu übernehmen. Diese Respektsbekundung kaschiert nur die Erleichterung darüber, dass eine Andere die Rolle des Sündenbocks übernommen hat. Insofern Business als usual - das Kapitel für die Führungsenzyklopädie können wir uns sparen.

Aber auch zu Merkels medial äußerst wirksamer Entschuldigung muss man mindestens eine Anmerkung machen. Der verkorkste Beschluß um die Osterruhe war nur ein vergleichsweise kleiner Fehler im gesamten Corona-Krisenanagement, der außerdem noch keinen Schaden angerichtet hat. Für das defizitäre Impfmanagement hat sich bisher noch niemand entschuldigt. Aber - siehe oben - das überrascht uns eigentlich nicht.

Freitag, 19. März 2021

Das Paradox der Führung

"Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird....Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: Das haben wir selbst getan."

Ab und zu stößt man noch auf dieses schöne Zitat, das Laotse zugeschrieben wird. Es verwundert allerdings nicht, wenn es im Gegensatz zu sonstigen Managementsprüchen wenig Beachtung findet und wenn, dann höchstens mit einem gelangweilten Lächeln quittiert wird.

In der Tat, was soll das für ein Führer sein, dessen Existenz nicht bemerkt wird? In einer Zeit, in der nichts wichtiger zu sein scheint, als bemerkt zu werden, als im Vordergrund zu stehen, gerade für einen sogenannten 'Führer'. Wird nicht vom Chef erwartet, dass er die Richtung vorgibt, dass er 'vorangeht', dass er Orientierung gibt? Wird der Chef nicht wahrgenommen, heißt es, er duckt sich weg, er ist zu wenig präsent.

Bedeutet Führung nicht, Einfluß nehmen, andere zu etwas zu bewegen, Ihnen zu sagen, was zu tun ist? Spätestens hier würde Laotse milde lächelnd seine Hand erheben. Er würde uns vielleicht auf den zweiten Teil des Zitats hinweisen, in dem von der Arbeit des Führers die Rede ist. Der Führer muss also durchaus etwas tun, er kann sich nicht wegducken. Aber was?

Das hat Reinhard K. Sprenger gut auf den Punkt gebracht:

"Die Leitlinie für richtiges Führen ist einfach: Finde die Richtigen, vertrau ihnen, fordere sie heraus, rede oft mit ihnen, bezahle sie fair und mach dann das Wichtigste von allem: Geh aus dem Weg. Denn die einizge legitime Form von Mitarbeiterführung ist die Selbstführung."

Natürlich weiß Herr Sprenger, dass das alles nicht 'einfach' ist. Sonst würde er mit seinen Aktivitäten nicht gutes Geld verdienen können. Führen ist harte Arbeit. Diese Arbeit ist auch bei Meister Laotse die Voraussetzung dafür, dass die Leute nachher das Gefühl haben, sie hätten es selbst getan. Es geht hier nicht um Laissez-faire. Die Punkte, die Sprenger aufführt, fassen das zusammen, was üblicherweise mit 'Rahmenbedingungen schaffen' umschrieben wird. Neuerdings kommt auch wieder der Begriff des Empowerment in Mode. Die Mitarbeitenden in den Stand zu versetzen, dass sie ihre Arbeit eigenverantwortlich und richtig ausführen können. Dazu werden Führungskräfte gebraucht - im wahrsten Sinne des Wortes: Menschen, die die Kraft haben zu führen, die persönlich und mit ihrer Persönlichkeit für ihre Leute da sind.

Damit wird auch aller Management-Romantik eine Absage erteilt, die von Arbeit ohne Hierarchie und Führung träumt. Auch Laotse geht davon aus, dass es einen Führer gibt. Wenn die Beschäftigten das Gefühl haben, es selbst gemacht zu haben, heißt das nicht, dass sie es alleine gemacht haben. Wenn die Menschen Probleme mit oder bei ihrer Arbeit haben, dann liegt das weniger daran, dass sie in einer Organisation oder Hierarchie arbeiten, sondern daran, wie sie diese, vermittelt durch ihre Chefs, erleben. Laotses Geist kann auch in einer hierarchischen Organisation wehen.

Voraussetzung dafür ist, dass die Handelnden mit einem bestimmten Menschenbild ausgestattet sind. Den Wert der Mitarbeitenden als Menschen zu sehen, ist Grundlage, wertschätzender Führung.

Im Übrigen hat es wenig mit selbstständiger Arbeit zu tun, wenn die Beschäftigten zwar arbeiten können, wo und wann sie wollen, aber durch das Volumen an zu erledigenden Aufgaben so eingedeckt und durch die technischen Möglichkeiten so eingebunden sind, dass sich das Gefühl, es selbst gemacht zu haben, nicht einstellen mag. Der Führer ist zwar auch nicht mehr präsent, aber die digitale Technik ersetzt ihn, subtil und wirkungsvoll.

 


Freitag, 5. März 2021

"Sagen Sie mir, wie Sie mich messen und ich werde Ihnen sagen, wie ich mich verhalten werde."

Die Vorgabe von Messgrößen hat nicht nur Vorteile

Zugeschrieben wird der schöne Satz dem israelischen Managementvordenker E.M.Goldratt. Was fällt uns dazu ein? 
Zunächst, er passt in unsere Zeit der Key Figures und des Self Tracking, des Bestrebens alles messen und so auch optimieren zu wollen. Banal daran ist, dass man sich fast selbstverständlich nach einer Kennzahl richtet, wenn man eine solche - aus welchen Gründen auch immer - vorgehalten bekommt. Vorausgesetzt, diese Zahl ist mit irgendeinem Ziel verbunden, niedrigeres Gewicht, mehr Geld, schnelleres Fahren usw.. Es weckt unseren Ehrgeiz, etwas etwas 'besser' zu machen. Wenn es dann noch mit einem Wettbewerbsgefühl verbunden ist, ist dieser Ehrgeiz noch ausgeprägter. Von daher ist es nicht überraschend, dass man sich so verhält, wie man 'gemessen' wird.