Wird ein alter Personalertraum endlich wahr?
Wieviele Versuche hat es schon gegeben Personalauswahl zu objektivieren, zu standardisieren und auch zu vereinfachen? Interviewleitfäden für strukturierte Interviews, Fragebogen, Tests, Assessment Center wurden und werden in verschiedenen Variationen angeboten. Viele dieser Instrumente haben sich durchaus auch bewährt und etabliert.Doch irgendwann in jedem Personalauswahlprozeß kommt die letzte entscheidende Runde, die Gespräche mit den zwei oder drei Kandidaten (m/w), die in der engsten Auswahl sind. Und dann schlägt die Subjektivität erbarmungslos zurück. Der Top-Kandidat wird dem nächsthöheren Vorgesetzten vorgestellt - und der stört sich an dem zu modischen Outfit des Bewerbers. (Eigenes Erleben: O-Ton: "Haben sie gesehen, was der für Schuhe an hatte?") Durchgefallen - der Nächste bitte.
Doch das wird bald ein Ende haben. Nach Aussagen von SAP Vorstandschef McDermott in einem Handelsblattinterview bastelt SAP an einer Anwendung, die helfen soll Stellen "vorurteilsfrei" zu besetzen. Zunächst ist man etwas erstaunt ob dieser Ankündigung. Es ist ja absolut keine revolutionäre Idee einen Computer das Anforderungsprofil einer Stelle mit den Merkmalen von Bewerbern vergleichen zu lassen. In vielen Online-Bewerbungs-Plattformen sind derartige Prozesse auch schon hinterlegt. Wir dürfen also gespannt sein, was SAP da im Köcher hat.
Doch wird man Personalauswahl auf einen elektronischen Workflow reduzieren können? Einige Phasen des Auswahlprozesses kann man durchaus dem Computer anvertrauen. Wenn es darum geht klar definierbare Merkmale miteinander zu vergleichen, kann das ein guter Algorithmus objektiver und in jedem Fall schneller wie der HR-Mensch. Fachkenntnisse bieten sich hier beispielsweise an. Doch da beginnt auch schon die Problematik. Wer auch nur etwas Erfahrung mit Personalauswahl hat, der weiß, dass man dabei Kompromisse schließen muss. Oft genug stimmen Anforderungsprofil und Profil des Bewerbers nicht hundertprozentig überein. Der Kandidat überzeugt durchaus, erreicht aber in zwei oder drei Punkten nicht das Idealprofil. Fällt er deshalb durch das Raster. Ein Computer, der auf Ja oder Nein programmiert ist, würde ihn vielleicht durchfallen lassen.
Wie sieht es mit der immer wieder zitierten "Chemie" aus? Kann der Computer erkennen, ob die zur Auswahl stehende Person "zu uns passt"? Wie sieht es mit der Frage nach sozialer Kompetenz aus?
Man erkennt sehr schnell, bei vielen Tätigkeiten wird man im finalen Stadium der Personalauswahl um das klassische Interview nicht herumkommen. Auf dem Weg dahin kann der Computer gute Dienste leisten. Aber die Entscheidung am Ende sollte von Menschen getroffen werden. Schließlich muss auch jemand Verantwortung dafür übernehmen.
Abgesehen davon wird leider immer noch zu wenig beachtet, dass der Bewerbungsprozeß auch etwas mit Personalmarketing zu tun hat. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sind auch heute noch viele Onlinebewerbungsportale ziemlich schwach. Das Image als Arbeitgeber kann der Kollege Computer nur sehr unvollständig vermitteln. Das ist immer nch euer Thema, liebe HR-KollegInnen.
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