Freitag, 21. Oktober 2016

Muss man Arbeitszeit überhaupt regeln?

Nein!

Geben sie sich einmal dem Traum hin, was passieren würde, wenn es in ihrem Unternehmen keine Arbeitszeitregelung gäbe. (Bevor sie jetzt mit einem höhnischen Lachen abwinken, wenn sie in einem Krankenhaus, bei einer Fluggesellschaft oder der Bahn arbeiten - natürlich braucht eine Organisation die auch im Schichtbetrieb arbeiten muss, eine Arbeitszeitregelung. Aber wenn sie die abziehen, bleiben immer noch genug übrig, für die ein derartiger Traum ganz interessant sein könnte.)
Zur Anregung einige Thesen dazu:
Sehr häufig wird immer noch die Kontrolle der Mitarbeiter als Argument für Arbeitszeitregelungen und damit einhergehend Zeiterfassungssystemen genannt. Das ist der Misstrauensansatz.
Misstrauen ist das Gegenteil von Vertrauen, was ansonsten gerne als Voraussetzung für eine positive Motivation der Mitarbeiter propagiert wird. Ich wage auch zu behaupten, dass mindestens genausoviele Arbeitgeber ihre Beschäftigten bei der Arbeitszeit "übers Ohr hauen", wie umgekehrt. Und, kein Zeiterfassungssystem dieser Welt ist vor Missbrauch sicher. Es gibt zahlreiche Betriebe, vor allem kleinere und mittlere, die kommen ohne Zeiterfassung und mit einem Minimum an Arbeitszeitregelung aus und arbeiten trotzdem erfolgreich. Weil sich immer wieder zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten seriös und ehrlich mit ihrer Arbeitszeit umgehen. Es gibt sogar eine große Anzahl, die regelmäßig Zeit verfallen läßt und sie damit dem Arbeitgeber "schenkt".
Dann wird natürlich die gesetzliche Verpflichtung ins Feld geführt, dass die Arbeitszeit aufgezeichnet werden muss. Nach dem Arbeitzeitgesetz betrifft das allerdings nur die Zeit, die über die werktägliche Arbeitszeit hinaus geht. Ich habe in den dreißig Jahren, in denen ich in Industriebetrieben gearbeitet habe, noch nie erlebt, dass jemand Arbeitszeitaufzeichnungen kontrolliert hat. Das Bußgeld, das sie möglicherweise riskieren, dürfte nicht so hoch sein, wie das, was sie für den Betrieb eines Zeiterfassungssystems bezahlen müssen. Diese Regelung gewinnt im Zusammenhang mit den Kontrollen der Mindestlohneinhaltung wieder an Bedeutung.
Womit wir beim Aufwand wären, den Arbeitszeitregelungen in der Praxis erfordern.
Um sie anzuwenden, braucht man ein Zeiterfassungssystem. Dessen Planung und Betrieb kosten Zeit und Geld. Je komplexer es ist, desto teurer. Selbst wenn man nicht auf Zeiterfassung verzichten kann, lohnt es sich gerade hier auf konsequente Einfachheit zu achten. Wenn Regelung, dann nur soviel wie unbedingt sein muss.
Der Traum - auch wenn es nur ein Traum bleiben sollte - vom arbeitszeitregelungslosen Unternehmen kann sich durchaus bezahlt machen. Wenn sie von der "Nulllinie" her kommen und sich fragen, "was isr wirklich notwendig" werden sie zu einem Ergebnis kommen, das von der aktuellen Praxis in ihrem Unternehmen sehr wahrscheinlich weit entfernt ist. Und schon haben sie wieder ein schönes neues Kostensenkungspojekt. Und dazu noch eins, was wahrscheinlich auch von den Mitarbeitern wohlwollend aufgenommen wird.



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