Auch dieses Jahr wird dieses schön gefärbte Ei nicht im Osternest liegen.
Es gehört nach wie vor zum festen Repertoire der Management-Romantiker von mehr Demokratie in den Unternehmen zu träumen. Insbesondere wenn von der Zukunft der Arbeit die Rede ist, wird dies mit dem Wunsch und auch mit der Forderung nach mehr Demokratie und Selbstbestimmung verbunden. Mit trotziger Überzeugung verkünden manche Trendgurus, dass die Industrie 4.0. ohne mehr Beteiligung von Beschäftigten an unternehmerischen Entscheidungen nicht denkbar sei. Die hochqualifizierten Wissensarbeiter ließen nur "auf Augenhöhe" mit sich verhandeln, heißt es dann gerne.Genauso sorglos, wie der Begriff Wissensarbeiter eingesetzt wird, wird auch mit den anderen Begriffen umgegangen. Was genau ist mit Demokratie im Unternehmen gemeint? Manche sprechen dann tatsächlich davon, Führungskräfte zukünftig zu wählen. Was bedeutet Selbstbestimmung und was ist mit Beteiligung gemeint? Oft werden diese Worte beliebig ausgetauscht.
Bleiben wir bei der Demokratie. Schon ein demütiger Blick in die Geschichte könnte hier hilfreich sein. In keiner Phase der industriellen Entwicklung ging technischer Fortschritt einher mit zunehmender Demokratisierung in den Betrieben. Im Gegenteil, die Verbesserung der Situation der Beschäftgten musste phasenweise sehr mühsam erkämpft werden.
Nochmal zu den Wissensarbeitern: man muss nur in die deutsche Hochschullandschaft schauen, wie diese Spezies mit befristeten Teilzeitverträgen "auf Augenhöhe" behandelt wird. Auch in zahlreichen Redaktionen und Agenturen sieht es nicht besser aus. Natürlich gibt es immer gesuchte, hochqualifizierte Fachkräfte, die über ihre Arbeitsbedingungen verhandeln können. Doch die sind nur ein Teil der Realität. Das hat mit Demokratisierung nichts zu tun.
Demokratie setzt gleichberechtigte Partner voraus. Am Ende eines demokratischen Meinungsbildungsprozesses steht in der Regel eine Wahl. Die Existenz eines Unternehmens setzt Eigentümer oder Kapitalgeber voraus in welcher Form auch immer der Betrieb begründet wird. Der Eigentümer aber wird nicht gewählt. Damit fehlt schon eine wichtige strukturelle Voraussetzung für eine demokratische Betriebsverfassung. Es ist schwer vorstellbar, dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft die Wahl des Vorstandes durch die Belegschaft akzeptiert. Man kann sich dann schon eher die Wahl von Führungskräften durch die nachgeordneten Mitarbeiter vorstellen. Doch allein schon das dafür notwendige Procedere dürfte größere Organisationen auf Grund seiner Schwerfälligkeit in Schwierigkeiten bringen. Erst recht, wenn es um die Entscheidungen im laufenden Geschäftsbetrieb geht, lassen sich demokratische Prinzipien schwer anwenden. Bei welchen Entscheidungen sollten welche Mitarbeiter mitentscheiden? Man projiziere diese Frage einmal auf eine Organisation wie die BASF.
Man sieht also sehr schnell, demokratische Bestrebungen in einem Unternehmen kommen sehr schnell an ihre Grenzen. Das spricht aber nicht dagegen andere Formen der Zusammenarbeit zu probieren und vor allem den Beschäftigten die nötigen Entscheidungsspielräume für ihre Tätigkeit einzuräumen und ihre Kompetenz und Erfahrung bei Entscheidungsprozessen einzubeziehen. Das konsequent umgesetzt, wäre schon ein guter Schritt in die Arbeitswelt 4.0.
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