...wenn sie wieder einmal vorhaben ein wuchtiges System einzuführen. Performance Management und die selbstverständlich zugehörige Evaluation. Talent-Management, Employer-Branding und zu guter Letzt auch noch die Strategische Personalpanung. Von variablen Vergütungs- und Zielvereinbarungssystemen gar nicht zu reden. Gewiss liegen den meisten dieser Tools vernünftige Absichten zugrunde. Es ist notwendig die Mitarbeiter richtig einzuschätzen, zu entwickeln und an das Unternehmen zu binden. Und die Bezahlung muss in jedem Fall leistungs- und marktgerecht sein. Doch brauche ich zu all dem ausgeklügelte Systeme, deren Konzeption schon einen hohen Aufwand an Zeit und Geld erfordert und deren laufender Betrieb auch? Das gilt auch oder sogar noch mehr in Zeiten der Unterstützung durch EDV-Systeme. Die Automatisierung hat den Trend hin zu diesen Systemen noch zusätzlich befeuert.
Unter dem Schlagwort Big Data kündigen sich schon die kommenden Entwicklungen an. Das Bedürfnis alles messbar zu machen, Qualitatives in Quantitatives, Soft-Facts in Hard-Facts umzuwandeln, greift immer mehr um sich. Dem liegt der naive Glaube zugrunde, dass sich alles, was sich in einer Zahl ausdrücken auch beeinflussen läßt und dass es allein deshalb schon transparent ist.
Die Personaler wollen mit diesen Systemen in der Organisation Aufmerksamkeit und Anerkennung erzeugen. Sie wollen damit deutlich machen, dass sie in der Lage sind, einen wirkungsvollen Beitrag zur Leistung und zum Ergebnis des Unternehmens zu erbringen. Und was machen Ihre Kollegen in den anderen Fachbereichen und die verantwortlichen Vorstände? Sie lassen sie gewähren. Wer will auch schon etwas gegen Talent- oder Performance-Management haben? Ist ja auch eine gute Sache, Leistung zu steigern und nur die Besten in allen Jobs zu haben. Und von Zielvereinbarungssystemen sind eh alle überzeugt. Darum wird selbst dort, wo auch Verantwortliche aus anderen Bereichen bei der Konzeption von neuen Systemen miteinbezogen werden, opportunistisch zustimmend mit dem Kopf genickt.
Möglicherweise zeigt sich in diesem Verhalten tatsächlich der immer wieder beklagte fehlende Dialog zwischen HR und den anderen Funktionen. Er findet jedenfalls nicht mit genügend kritischer Ernsthaftigkeit statt. Sonst müssten die Personalleute ihre Kollegen daraufhinweisen, dass vieles von dem, was im Gewand klangvoller Anglizismen daherkommt, zur angestammten Aufgabe einer Führungskraft gehört, für die man meist nicht viel an Formularen oder Workflows braucht. Und die Führungskräfte müssten den Personalern klar machen, dass sie ihre Führungsaufgabe auch ohne aufwendige Tools wahrnehmen können. Dass sie stattdessen persönliche Beratung und Hilfestellung und sicher auch Training benötigen. Warum fordert der Vorstand von seinem Personalchef nicht spätestens nach dem dritten Jahr eine kritische Bestandsaufnahme der Strategischen Personalplanung anstatt sich von pseudogenauen Zahlen ver- oder entzaubern zu lassen? Weil es der einfacherer Weg ist, um dem schwierigen Phänomen der Führung aus dem Weg zu gehen. Sich nicht die Frage stellen zu müssen, was denn Führung wirklich ausmacht? Da ist der Glaube an die Zahl doch bequemer.
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