Mit schöner Regelmäßigkeit tauchen in den Medien Trendaussagen über die Arbeitswelt von morgen auf, die meistens den Arbeitnehmern rosige Zeiten in Aussicht stellen. Vor allem der demographische Wandel und die mit ihm einhergehende Knappheit an qualifizierten Kräften sollen das bewirken. Ohne jegliche seriöse empirische Fundamentierung in der aktuellen Arbeitssituation wird die blaue Blume der Romantik in der Arbeitswelt der Zukunft zum blühen gebracht. Ein besonders kühnes Beispiel hat jetzt Thomas Sattelberger in einem Interview mit der ZEIT (Nr. 30 vom 7.11.13) geliefert. Dort sagt er, dass die Unternehmen der Zukunft demokratischer sein werden wie heute und dass die Führungskräfte mit Ausnahme der Vorstände von den Mitarbeitern direkt gewählt werden. Das traditionelle Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Bild werde auf den Kopf gestellt.
Bei aller Wertschätzung für Herrn Sattelberger, der in der Vergangenheit die Diskussionen gerade um Personalführungsthemen sehr oft durch interessante und wegweisende Beiträge bereichert hat: hier hat auch ihn die zur Zeit sich verbreitende Basisdemokratie-Euphorie gepackt. Die großen Probleme dieser komplexen Zeit lassen sich besser lösen, wenn möglichst alle betroffenen Individuen in demokratischen Prozessen darüber abstimmen. Auch wenn in Unternehmen der Blick zurück oft verpönt ist, in diesem Fall kann er zu mehr Gelassenheit verhelfen. Noch nie in der zweihundertjährigen Industriegeschichte wurde die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung "auf den Kopf" gestellt. Das hat bisher keine der gewiss revolutionären technologischen Entwicklungen und auch der mittlerweile institutionalisierten Mitbestimmungsinstrumente bewirkt. Apropos Mitbestmmung: Gerade in Deutschland, wo die Mitbestimmung sehr gut entwickelt ist und auch funktioniert hat, wird von vielen Unternehmen versucht sie auszuhöhlen oder ganz zu umgehen.
Direkte Wahl von Führungskräften durch Mitarbeiter: vielleicht bin ich ja pingelig oder phantasielos, wie soll man sich das in der Praxis vorstellen? Wer schlägt die Kandidaten vor? Nach welchen Kriterien sollen/würden die Beschäftigten wählen? Man schaue sich an, wie das in den politischen Parteien abläuft, wo diese Verfahren ja eingeübt sind. Wäre das gut für Unternehmen?
Herr Sattelberger sieht diese Veränderungen bis 2030 als vollzogen an. Das sind noch 17 Jahre. Da er 3 Jahre älter ist wie ich, haben wir die Chance das noch zu erleben. Ich bin gespannt.
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