Neues Etikett für die Empowerment-Idee aus den 90er Jahren
Das Chemieunternehmen Bayer führt DSO gerade mit großer medialer Begleitung ein.
Kerngedanke ist, dass die Entscheidungen dort getroffen werden, wo die Arbeit gemacht wird. Exakt das war auch die Absicht, die der Empowerment-Bewegung zugrunde lag und die auch der Autor dieser Zeilen damals mit großer Überzeugung im Unternehmen versucht hat umszusetzen, um in den Folgejahren miterleben zu müssen, wie das Gedankengut im organisatorichen Treibsand zerrieben wurde.
Nun muss eine Idee, die schon in der Versenkung verschwunden war, nicht deshalb schlecht sein. Man kann aber fragen, woran es denn gelegen haben könnte. Wenn man die gängige Beraterantwort "Ihr habt es halt nicht richtig angepackt." mal unbeachtet lässt, bietet sich eine Reihe von Gründen an.
Organisatorische Trägheit
"Schon wieder was Neues" - Insbesondere, wenn das letzte (erfolglose) Change-Projekt noch nicht aus den Köpfen ist.
Informeller Widerstand
Aus der Trägheit kann schnell Widerstand erwachsen. Dieser wird natürlich nicht offen artikuliert, "still und leise" werden alte Gewohnheiten und Arbeitsweisen beibehalten. Das kann man sogar oft "nach außen" und "nach oben" trotzdem als Mitmachen darstellen.
Das Projekt wird "von oben" verordnet.
Eine Idee, die eigentlich die Eigenverantwortung und Selbstständigekeit der Mitarbeitenden fördern soll, aber von der Unternehmensleitung als "Zwangsveranstaltung" eingeführt wird, ist schon von diesem Ansatz her problematisch. Dieser Widerspruch läßt sich zwar auflösen - aber nur mit einem bestimmten Führungsverständnis.
Künstliche Begeisterung
Auch hier gilt: der "Team Spirit", der von oben in die Organsiation hineingeredet wird, verfehlt seine Wirkung.
Falsches Führungsverständnis
Gewöhnlich geht dieses Gedankengut mit dem Bestreben einher, Hierarchie und Bürokratie abzubauen. Das ist natürlich absolut sinnvoll. Doch darf nicht der Eindruck erweckt werden, es gehe ganz ohne Hierachie und vor allem ohne persönliche Führung. Das Team wird schon alles richten und die Führungskräfte konzentrieren sich auf ihre Rolle als Coach.
Das hat sich mittlerweile als Unfug erwiesen und darin ist ein entscheidender Grund für das Scheitern dieses Ansatzes zu sehen. Eine Führungskraft ist etwas anderes wie ein Coach. Die Führungsrolle wird diffus und die Führungskräfte verunsichert. Die Qualität von Entscheidungen wird imTeam nicht automatisch besser. Besonders problematisch aber ist die Übernahme der Verantwortung für diese Entscheidung.
Mitarbeitende werden falsch eingeschätzt
Nicht alle wollen (mit-)entscheiden und auch nicht alle sind dafür geeignet. Auch mit der Übernahme von Verantwortung tun sich manche schwer. Letzteres kann man immer wieder auch bei sogenannten Führungskräften beobachten.
Aber trotzdem wird dieses Projekt, das wird bei Bayer nicht anders sein, zumindest nach außen hin nie scheitern. Denn:
Der Laden läuft trotzdem weiter
Auch wenn es ruckelt, viel gestöhnt oder sogar Widerstand geleistet wird, der Laden läuft ja weiter. So können alle Beteiligten voller Stolz auf die gewaltige Tranformationsleistung hinweisen und DSO verschwindet leise im Archiv der Management-Moden.
Spätestens in zwei Jahren wird ein Berater wieder ein "neues" schickes Etikett hervorzaubern.
Also fragen wir in zwei Jahren nochmal bei Bayer nach
Mehr zu irreführenden Führungsansätzen in: Armin Zisgen, Rettet die Führung. Siehe Hinweise an der Seite.