Freitag, 16. Juni 2017

Das Senioritätsprinzip sollte ausgedient haben...

....aber es darf nicht in Jugendwahn umschlagen.

Eine Studie der WHU Otto Beisheim School und der Universität Konstanz kommt zu dem Ergebnis, dass die Beziehung eines jungen Chefs zu älteren Untergebenen einiges an Konflikpotenzial in sich bergen kann. Das Unbehagen könne sich sogar auf die Gesamtstimmung im Unternehmen übertragen und so die Leistung mindern. Immerhin wurden 61 Firmen verschiedener Branchen befragt.
Hinter diesem Befund steckt immer noch der Gedanke, dass Ältere mehr Erfahrung und Wissen angesammelt haben und sie deshalb auch prädestinierter für Führungdaufgaben seien. Insofern kann man nachvollziehen, dass manche Ältere ein Problem damit haben, wenn sie plötzlich deutlich jüngeren Chefs folgen müssen. Die Autoren der Studie weisen auch darauf hin, dass dem oder der Älteren durch den jüngeren Vorgesetzten auch bewußt werden kann, dass man selbst mit der eigenen Karriere nicht so weit gekommen ist, wie man sich das vielleicht vorgestellt hatte.
Es kann aber noch einen anderen Grund geben, der bei älteren "Nachgeordneten" Unbehagen auslöst.
In der Personalentwicklung vieler Unternehmen spielt in der Tat das Senioritätsprinzip keine Rolle mehr. Es ist im Gegenteil in manchen Fällen sogar in einen Jugendwahn umgeschlagen. Ohne dass das natürlich ausgesprochen wird, gibt es ab einem gewissen Alter keine Beförderung mehr. Früher gab es den Spruch: "Die Karriere, die man mit 40 nicht gemacht hat, macht man auch danach nicht mehr". Der entsprach und entspricht auch allzu oft der Realität.
Es gibt aber in jeder Organisation Spätzünder, Stille oder solche, die in Folge irgendwelcher organisatorischen Veränderungen "durch den Rost gefallen" sind, die aber trotzdem Potenziale haben, die sich vielleicht für anspruchsvollere Jobs empfehlen würden. Wenn die dann einen spürbar jüngeren Chef bekommen, darf man sich über Unzufriedenheit nicht wundern.
Das darf man auch nicht mit dem lockeren Argument "dann hätte er halt früher auf sich aufmerksam machen sollen..." abtun. Personalentwicklung muss alle im Blick haben und gerade bei den eloquenteren etwas genauer hinsehen. Sie muss immer hinter die Fassade schauen, egal ob diese grau oder gestylt ist.
Wie sollen sich jüngere Führungskräfte gegenüber deutlich älteren Mitarbeitern verhalten? Genauso wie zu allen anderen. Wertschätzendes Verhalten, faires Feed-Back und Anerkennung, wenn es die Situation erfordert. Ältere wollen nicht in der Schonecke platziert werden, sondern zeigen, dass sie genauso oder vielleicht sogar besser mithalten können, wie manche Jüngere. Aber auch die Älteren müssen selbstkritisch mit sich umgehen. Erfahrung ist nicht per se etwas Positives. "Das haben wir schon immer so gemacht" oder "Die Jungen haben alle keine Ahnung" ist tatsächlich schon leichter Altersstarrsinn. Auch mit über fünfzig kann man für Neues offen sein.

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