Es scheint offensichtlich richtig zu sein, dass sich die IG Metall wieder einmal die Arbeitszeit zum Schwerpunktthema wählt. Gerade lesen wir, dass sich der Anteil der unregelmäßigen Arbeitszeiten kontinuierlich erhöht. Die Wochenendarbeit und die Schichtarbeit haben zugenommen und der Anteil der Beschäftigten, die länger als 48 Stunden in der Woche arbeiten ebenso. Die Zahlen sind seriös und stammen aus offizieller Quelle. Das Bundesarbeitsministerium hat sie auf eine Anfrage der Linkenfraktion hin genannt auf der Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes und des Instituts für Abeitsmarkt- und Berufsforschung. Hinzu kommen noch die zunehmende Zahl von Home-Office-Arbeitsplätzen, deren Arbeitszeit sich sowieso schwer regeln läßt und von die nahezu uneingeschränkte Erreichbarkeit der Beschäftigten durch moderne technische Hilfsmittel.
Genügend Handlungsbedarf also für eine Gewerkschaft. Wobei man anmerken muss, dass die Klientel der IGM ja bisher schon, auch was die Arbeitszeit angeht, mit recht komfortablen Tarifverträgen ausgestattet ist. Nicht nur Paketzusteller würden sich glücklich schätzen, wenn sie zu den Bedingungen des Baden-Württembergischen Metalltarifvertrages arbeiten könnten. Natürlich nimmt auch in Metallbetrieben die Arbeitsbelastung zu. Gerade die geplante Aktion der IGM zeigt jedoch, dass diese Situation thematisiert wird. Die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer haben eine Interessenvertretung. Die Kolleginnen und Kollegen aber, die in nicht-tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, müssen für sich selbst sorgen. Es gibt in unseren Land diesbezüglich durchaus eine Zwei-Klassengesellschaft. Die Beschäftigten, die unter den Bedingungen von Tarifverträgen arbeiten können und die, die auf die ihrer individuellen Arbeitgeber angewiesen sind. Da aber offensichtlich nicht wenige Arbeitgeber mehr das Unternehmensergebnis als das Wohl ihrer Beschäftigten im Auge haben, ertönt sofort der Ruf nach gesetzlichen Regelungen. Siehe gesetzlicher Mindestlohn. Wir bräuchten keinen gesetzlichen Mindestlohn, wenn alle Arbeitgeber faire Bedingungen anbieten würden. Da es aber den "freien" Arbeitsmarkt mit gleichberechtigten Partner nicht gibt, sind gewisse Regelungen nötig. Gesetze solten nur gewisse Mindeststandards regeln. Löhne und Arbeitszeit sollten in Tarifverträgen geregelt werden. Anstatt eines gesetzlichen Mindestlohnes würde ich eine gesetzliche Verpflichtung zum Tarifvertrag einführen. Dann können die Tarifpartner branchenbezogene, "passendere" Regelungen vereinbaren. Aber auch die Tarifpartner, insbesondere die Gewerkschaften, müssen ihre Fürsorge für die Beschäftigten bremsen und nicht jedes Detail regeln. Auch Tarifverträge können die Eigenverantwortung und Selbständigkeit von Beschäftigten anerkennen. Muss man Pausen detailliert regeln oder die Zeit für Arztbesuche?
Die Aktion der IGM geht zwar in die richtige Richtung aber am Zentrum des Problems vorbei. Die, die wirklich in belastenden oder gar prekären Arbeitsverhältnissen leben, werden von ihr nicht profitieren. Der Einbezug in Tarifverträge könnte hier helfen.
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