Kaum eine betriebliche Institution wird so wenig in Frage gestellt wie das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW). Gerade berichtet die Regionalzeitung wieder von den Erfolgen dieser Einrichtung bei zwei großen Firmen in der Region: Bei Daimler wurden am Standort Mannheim ca. 4 Millionen eingespart. Bei der BASF wurden konzernweit 23 000 Vorschläge eingereicht, die 50 Millionen gebracht haben. In der Tat sind diese Zahlen beeindruckend. Genauso wie die spektakulären Einzelvorschläge, die immer wieder eingereicht werden und deren Urheber dann wie Helden der Arbeit als Ansporn für die anderen Kollegen gefeiert werden.
Doch wo steht etwas über die vielen kleinen Vorschläge, die mehr Bearbeitungsaufwand erzeugen als Ersparnis? Um die Motivation der Beschäftigten zu erhöhen sich zu beteiligen, werden meist auch Vorschläge zugelassen, die nicht direkt eine betriebswirtschaftliche Einsparung erbringen müssen, wenn sie beispielsweise den Unfallschutz fördern, das Betriebsklima verbessern oder die Motivation erhöhen. In einem Unternehmen, in dem ich tätig war, tauchte regelmäßig der Vorschlag auf, das Job-Ticket des regionalen Öffentlichen Nahverkehrsverbundes einzuführen. Die Massnahme hätte eine beträchtliche Summe gekostet und wäre nur einem verhältnismäßig geringen Teil der Belegschaft zugute gekommen. Jedesmal aber musste der Vorschlag wieder bearbeitet und zumindest ein Kurzgutachten mit dem Verweis auf die bereits erfolgte Ablehnung erzeugt werden. Es wäre interessant zu wissen, welchen administrativen Aufwand die BASF für die Bearbeitung der 23 000 Vorschläge benötigt. Dafür gibt es hauptamtliche Mitarbeiter, die sonst nichts tun, wie Vorschläge bearbeiten und verwalten. Führungskräfte sind in ihren Bereichen als Fachgutachter tätig und müssen mit teilweise hohem Zeitaufwand Vorschläge beurteilen. Diese werden werden dann noch in meist paritätisch besetzten Ausschüssen diskutiert und entschieden. Die - ehrlichen - Kosten dieser Prozeduren werden nicht diskutiert. Selbst in Unternehmen, in denen das Vorschlagswesen dahindümpelt, hat man selten den Mut, einen Schlußstrich zu ziehen. Einige Unternehmen haben es getan und die Einrichtung eingestellt.
Dem Vorschlagswesen liegt das klassisch-traditionelle Bild vom Mitarbeiter als "ausführendem Organ" zugrunde, der nicht in der Lage ist ohne zusätzliche Motivation - durch Geld natürlich - innovativ zu arbeiten. Dabei gehört es eigentlich zu jedem Job dazu, Ideen einzubringen, wie man etwas verbessern könnte. Auch dafür wird das Entgelt gezahlt. Zahlreiche Studien - siehe auch wieder die aktuelle Gallup-Studie - belegen, dass die Beschäftigten das auch tun, wenn sie wertschätzend geführt werden. Die Frustrierten bringen keine Ideen ein. Sie beiligen sich auch nicht an noch so tollen Aktionen des Vorschlagswesens. Ich kann mich noch sehr lebhaft an die Diskussionen erinnern bei der Einführunng der Gruppenarbeit. Ein wesentliches Ziel sollte sein, dass die Gruppen ihre Arbeitsprozesse kontinuierlich verbessern. Damit sollte der Gruppenoutput verbessert werden und die Gruppe konnte auch ihre Gruppenprämie verbessern. Das kollidierte natürlich mit dem Vorschlagswesen.
Verbesserung ist Bestandteil jedes Stellenprofils. Die Führungskräfte müssen die Ideenpotenziale der Mitarbeiter erkennen und die Ideen zulassen und anerkennen. Dann wird das Vorschlagswesen überflüssig.
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