Nur noch ein Viertel der Führungskräfte fühlt sich im Job wohl
Mit dem obigen Zitat titelt das Handelsblatt einen eineinhalbseitigen Artikel über die aktuelle Arbeitssituation deutscher Führungskräfte. Demnach muss es schlecht bestellt sein um die Chefs. Der Artikel listet dann auch die allseits bekannten und immer wieder beschriebenen Widrigkeiten des Arbeitslebens auf, die sich in der Führungsrolle nachvollziehbarerweise potenzieren können. Ohne diese hier nochmals auszubreiten oder auch wegdiskutieren zu wollen, soll es mehr um die Frage gehen: was kann man dagegen tun? Dieser Frage geht auch der Handelsblattartikel nach - mit überraschenden Empfehlungen.
Empfehlung 1:
Bewusster Umgang mit Druck
Höherrangige Führungskräfte sollten auch mal zugeben, dass sie nicht alles wissen oder auch selbst an Grenzen stoßen. Diese Empfehlung ist natürlich jedem Chef ans Herz zu legen. Doch wie oft wurde sie schon ausgesprochen? Solange es beispielsweise engmaschige Zielvereinbarungen gibt, die eine kontinuierliche Optimierung der Zielgrößen vorgeben, dürfte dieser Rat, wie von vielen Managementratschlägen gewohnt, schon verpufft sein, ehe er richtig ausgesprochen wurde. Weiter empfiehlt eine "Leadership-Forscherin" sich an sogenannten "High-Energy-Unternehmen" zu orientieren, ohne allerdings zu präzisieren, was damit gemeint ist und was diese auszeichnet. Diese würden stark bereichsübergreifend zussammenarbeiten und den Erfahrungsaustausch der Vorgesetzten untereinander fördern. Hoffentlich steckt noch etwas mehr dahinter.
Empfehlung 2:
Modernes Führungsverständnis vermitteln
"Je mehr der Druck steigt, umso mehr muss in Leadership und die Entwicklung der passenden Führungsformen investiert werden." Alles klar? Leadership Days, zu denen sich alle an einem Ort versammeln, könnten den Rahmen vermitteln.....So geht es weiter mit dutzendfach gehörten Tipps.
Empfehlung 3:
Wertschätzung zeigen
"Führungskräfte müssen in guter Verfassung sein, sollen sie ihre Teams erfolgreich durch Unwägbarkeiten steuern." Wer würde dem widersprechen?
Wobei diese Empfehlung natürlich absolut richtig ist. Wertschätzung ist eine unabdingsbare Voraussetzung für Führung. Aber als neu kann man sie nun wirklich nicht bezeichnen.
Wenn man den Artikel gelesen hat, fragt man sich, warum eine Publikation wie das Handelsblatt eineinhalb Seiten für eine Ansammlung von sattsam bekannten Empfehlungen bereit stellt.
Zunächst muss man sagen, dass diese Ratschläge ja nicht falsch sind. Vielleicht macht das den medialen Reiz an dieser Thematik aus. Alle, die sich mit Führungsthemen beschäftigen, wissen, dass ständig defizitär geführt wird. Dem steht nicht entgegen, dass es viele Chefs gibt, die sich redlich Mühe geben und auch gut führen. Andererseits gibt es leider auch viele Personen in Führungspositionen, die dort eigentlich nicht hingehören. Genauso wie es in Unternehmen immer wieder sogenannte strukturelle Rahmen-bedingungen (auch dafür sind letztendlich Menschen verantwortlich) gibt, die wertschätzende Führung erschweren.
Es gibt also immer genug Anlaß Ratschläge zu erteilen. Die Zukunft der Managementliteratur scheint gesichert, zumindest solange es gelingt immer wieder schick klingende Etiketten zu finden.