Montag, 25. April 2016

Der Un-Sinn von Führungsleitlinien

Warum beschäftigen sich Organisationen eigentlich damit?

Im Foyer einer öffentlich-rechtlichen Organisation sind mehrere Tafeln so positioniert, dass sie Besuchern und Beschäftigten sofort ins Auge fallen. Darauf stehen die Führungsleitlinien dieser Organisation. Kleine Kostprobe gefällig:
Wir stärken die Zusammenarbeit über die einzelnen Organisationseinheiten hinaus
Wir machen Fehler
Wir entwickeln uns weiter
Üblicherweise entstehen derartige Leitlinien in tagelangen Workshops, in denen Dutzende von Beschäftigten um wohlklingende Formulierungen ringen. Diese müssen dann entsprechend  großformatig in der Organisation bekannt gemacht werden. Alles in allem ein erheblicher Aufwand der betrieben wird. Doch wenn man die Ergebnisse sieht fragt man sich, warum machen Unternehmen und andere Organisationen das? Das, was dabei herauskommt, sind oft banale Selbstverständlichkeiten - siehe oben - oder schwungvoll klingende Übertreibungen. Dass man sich um übergreifende Zusammenarbeit bemüht, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Auch dass sich die Organisation weiter entwickeln will, muss man nicht ausdrücklich herausstellen. Der unbefangene Betrachter könnte sich auch fragen, in welchem Zustand muss dieser Laden sein, wenn er sich solche Leitlinien gibt. Da ich die Organisaton etwas näher kenne, weiß ich, dass sie durchaus ordentlich geführt wird. Etwas überraschend ist allerdings, dass man in einer Leitlinie ankündigt, Fehler machen zu wollen. Gemeint ist wohl, dass man mit Fehlern konstruktiv umgehen und aus ihnen lernen will. Auch das sollte man eigentlich erwarten können.
Die Unternehmen die sich derartige Leitlinien geben, tun das in der ehrenwerten Absicht damit eine Philosophie zu dokumentieren und öffentlich zu machen, um ihr damit auch bessere Wirkung zu verschaffen. Das ist insofern positiv, weil sie sich damit auch einem Anspruch aussetzen und an diesem gemessen werden. Nur, dann muss es auch wirklich anspruchsvoll sein. Es müssen dann Inhalte kommuniziert werden, die bisher noch nicht realisiert sind. Keine Selbstverständlichkeiten, wie in unserem Beispiel. Das führt bei den Beschäftigten nur zu der Haltung: "Das machen wir doch schon alles." Und damit ist die Wirkung schon verpufft. Andererseits besteht bei anspruchvolleren Leitlinien die Gefahr, dass die Beschäftigten resignieren, wenn sie in ihrem Arbeitsalltag nicht spüren, dass nach diesem Gedankengut gelebt wird.
Also kann man sich den ganzen Aufwand mit diesem Instrument sparen. Jeder halbwegs wohlerzogene Mensch - und diese Mindestanforderung sollte in jedem Fall von Führungskräften erfüllt werden - weiß, wie man wertschätzend miteinander umgeht. Insofern braucht man sich auch keine tiefgehenden Gedanken darüber zu machen, welchen Führungsstil man pflegen möchte. Erst recht braucht man keine wohlklingenden Sprüche in Hochglanzbroschüren oder auf Plakaten zu veröffentlichen. Sehr wohl sinnvoll ist es gemeinsam die Frage zu bearbeiten, wie man wertschätzende Führung in den spezifischen Alltagssituationen der Organisation umsetzen will. Dafür lohnt es sich Zeit und Geld zu investieren. Letztendlich kommt es darauf an, wie Führung und Zusammenarbeit von den Betroffenen erlebt werden.

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