Mittwoch, 30. September 2015

Arbeitsverhältnisse der Zukunft

Das klassische Arbeitsverhältnis tritt so langsam seinen Weg ins Museum für Industriegeschichte ein. So jedenfalls wollen es die Gurus wissen, die in die Zukunft der Arbeit blicken. Doch was sie dort zu erblicken meinen können sie zwar in wohlklingenden Worten beschreiben, inhaltlich sehr belastbar ist es allerdings nicht. Beispielhaft können dafür wieder die 25 Thesen zur Zukunft der Arbeit herhalten, von Telekom und Uni St. Gallen verfasst, die ich im letzten Post bereits erwähnt hatte. Sie sind auch deshalb ein gutes Beispiel, weil sie im Grunde wenig Neues bieten sondern das wiederholen, was zu diesem Thema schon vielfach gesagt und geschrieben wurde.
In These 3 wird zum Arbeitsverhältnis der Zukunft gesagt, dass "Unternehmen....immer weniger auf die dem Unternehmen fest verbundene Workforce zurückgreifen....Globale Transparenz von Skills und Verfügbarkeiten hoch qualifizierter Fachkräfte führen zu einem "hiring on demand". Das Arbeitsverhältnis wandelt sich zum Arbeitseinsatz." In These 1 heißt es, "..es entstehen Arbeitsplätze ohne eindeutige organisatorische Zugehörigkeit.." Gewiss beaobachten wir schon heute eine Zunahme von Tätigkeiten, die internetbasiert ohne feste räumliche und vertragliche Anbindung an eine Unternehmensorganisation durchgeführt werden. Doch wie lassen sich damit die hochqualifizierten Fachkräfte - Wissensarbeiter - , von denen auch in den Thesen immer wieder die Rede ist, motivieren? Geben sie sich mit der großen Freiheit, in keine Organisation eingebunden zu sein, stattdessen aber Mitglied - was immer das dann heißt - einer "Special Interest Community" zu sein, zufrieden? Oder streben sie nicht ein verläßliches, ihrer Qualifikation entsprechendes, möglichst attraktives Einkommenspaket mit persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten an? Ganz abgesehen von der sozialen Absicherung. wie sieht die in der Zunkunft der Arbeit aus? Auch hier die große Freiheit? Die Digital Natives sind clever und selbständig genug, dafür selbst zu sorgen.Wer das nicht tut, ist selber schuld. Aber gerade dann muss ein zuverlässiges und ordentliches Einkommen vorhanden sein. In dieser neuen Welt werden die Organisationen gewinnen, die ihren Mitarbeitern verläßliche Perspektiven bieten ohne dabei ihre Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit einzuschränken.
Was beobachten wir denn heute? Eine Zunahme der Arbeitsbelastung, eine weitergehende Aufhebung der Trennung zwischen Arbeits- und Privatsphäre. Immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse. Wenn man hinter die wohlklingenden Formulierungen dieser 25 Thesen schaut, dann beschleicht einen schnell das Gefühl, dass das in der Tat schon ein handfester Trend ist - hoffentlich wird es kein Megatrend.

Freitag, 25. September 2015

Die Zukunft der Arbeit

Wieder einmal wurden dazu Megatrends verkündet. Diesmal sogar stolze 25, verfasst von der Telekom und der Uni St. Gallen, zu lesen in der vergangenen Woche bei HRMonline. Die Experten prognostizieren nichts weniger als die Auflösung der Organisation und fordern natürlich: HR muss handeln. Worin dieses Handeln bestehen soll und warum nur HR dies soll, wurde nicht weiter ausgeführt.
Ich verkünde hier auch mal einen Megatrend: Die Orgaisation wird sich nicht auflösen.

Dienstag, 22. September 2015

Bosch schafft individuelle Prämien ab

Beteiligung am Unternehmensergebnis statt individueller Boni. Wieder ein Unternehmen, das die Wirkungslosigkeit von derartigen Prämienregelungen einsieht und sich nebenbei auch noch Aufwand erspart. Interessant die Begründung: Die bisherige Regelung sei eher motivationsschädigend gewesen. Man kann nur hoffen, dass das Beispiel Schule macht.

Montag, 21. September 2015

Leute seid stark.......

...wie die Chefs von SAP und BMW.

Der Erstere stürzte und verletzte sich schwer und verkündete, kaum genesen, er sei jetzt stärker wie vorher. Der Andere brach auf der IAA in aller Öffentlichkeit zusammen, präsentierte sich aber schon kurz daruf wieder mit dem Statement es gehe ihm gut.
So muss es sein. Starke Männer braucht das Land. Selbst aus einer Schwäche kann man stärker herauskommen wie man vorher war. Da können sich die verwöhnten Kids der Generation Y mal ein Beispiel nehmen.

Freitag, 18. September 2015

Warum darf man sich nicht rechtfertigen?

In dem Leitfaden eines Unternehmens zu seinem Beurteilungssystem steht für die "Feedback-Nehmer" die Regel "nicht rechtfertigen". Zuweilen sieht man auch noch in Tagungsräumen Besprechungsregeln an der Wand hängen, in denen die Rechtfertigung abgelehnt wird. Ich habe diese Regel, ehrlich gesagt, nie richtig verstanden. Gemeint ist wohl, dass man als Feedback-Nehmer oder Beurteilter das Feedback offen annehmen und sich sachlich damit auseinandersetzen soll. Eine Kritik soll nicht gleich mit: "Ja, aber ich habe doch...." gekontert werden. Eine solche Empfehlung ist sicher sinnvoll. Aber warum soll man als Mitarbeiter, der ein möglicherweise kritisches Feedback bekommt, das auch annimmt, nicht die Möglichkeit bekommen, das Verhalten zu erklären und gegebenenfalls auch zu rechtfertigen? Es kann ja durchaus sein, dass der Feedback-Geber nicht alle Aspekte der kritisierten Situation berücksichtigt hat oder nur unzureichend informiert war. Da muss man als Beurteilter die Möglichkeit haben sich zu recht-fertigen. Darin steckt das Wörtchen "Recht". Bei einer unangemessenen oder gar falschen Beurteilung muss es möglich sein, das Recht wieder herzustellen. In den Regeln des oben erwähnten Unternehmens steht davon nichts drin. Stattdessen nur: "Zuhören..., nicht rechtfertigen, nachfragen......, über das Feedback nachdenken...." Also nur passives Verhalten. Das Feedback annehmen, aber nicht darüber diskutieren oder es gar in Frage stellen. Das kann keine Basis einer sogenannten Performance Evaluation - so heißt das in dem Unternehmen - sein.
Natürlich ist es wichtig, dass der Beurteilte das Feedback offen annimmt. Rechtfertigung darf keine Blockade gegen Selbstreflexion sein. Auf Zeitgenossen, die keinerlei Bewußtsein für ihre blinden Flecken haben, trifft man in Beurteilungsrunden immer wieder. Menschen, die jeden Fehler sofort von sich weisen, sind für einen Beurteiler keine einfachen Gesprächspartner. Doch mit einer Regel, die jede Rechtfertigung unterbinden will, löst man dises Problem nicht. Jemand, der Verantwortung für sein Tun übernimmt, kann auch offen Feedback annhemen oder einen Fehler zugeben. Er muss aber auch die Möglichkeit sich zu erklären.
Es ist aber tröstlich zu erleben, dass diese Regel in der Praxis eh keine Bedeutung hat. Rechtfertigung ist auch ein natürlicher Reflex. Wenn man kritisiert wird, geht man oft quasi automatisch in die Verteidigungsposition über. Und die sollte der Beurteiler auch zulassen und die Argumente des Gegenüber - so sie denn fundiert sind - in seine Wertung einbeziehen.
Die Besprechungs- oder Beurteilungsregel sollte man streichen.

Montag, 14. September 2015

FDP fordert leistungsabhängige Bezahlung für Lehrer....

....und begibt sich damit auf einen ausgetretenen Holzweg.

Ein klassisches Beispiel für den Irrglauben an die positive Wirkung leistungsabhängiger Bezahlung lieferte die früherere hessische Kultusministerin und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer in einem Artikel für die ZEIT (Ausg. Nr. 36, 5.9.). Sie fordert eine "Bestenauswahl" auch bei den Lehrern und will das unter anderem durch eine Bezahlung nach Engagement erreichen. Erster Irrtum: "Lehrern muss endlich Wertschätzung entgegengebracht werden und zwar nicht nur in Sonntagsreden...., sondern vor allem durch leistungsbezogene Honorierung." Wertschätzung muss zuerst auf andere Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden. Die Bezahlung darf dem natürlich nicht entgegenstehen. Aber Lehrer sind hierzulande nun gewiß keine schlecht bezahlten Zeitgenossen. Wenn man sie leistungsabhängig vergüten wollte, so wie Frau Beer sich das vorstellt, besteht eher die Gefahr, dass die Wertschätzung auf der Strecke bleibt. Sie schreibt zurecht, dass es die Haltung und Leidenschaft für den Beruf sind, sowie Empathie und Kreativität, die eine gute Lehrkraft kennzeichnen. Doch kann man diese Eigenschaften durch eine sogenannte leistungsabhängige Bezahlung fördern? Das ist der zweite, klassische Irrtum, der leistungsabhängigen Entlohnungsmodellen zugrundeliegt. Man braucht nur das Entgelt an die sogennante Leistung zu koppeln und alles wird gut. Die Motivation steigt und das Ergebnis der Arbeit wird besser. Damit kommen wir zur Kernfrage: Was machr eigentlich die leistung aus? Wie will man die leistung eines Lehrers messen? Die Autorin will die Unterrichtsqualität und die Lernfortschritte "im Hinblick auf Fachwissen und Kompetenzen sowie - man höre und staune - auf Team- und Sozialverhalten" messen. Wie soll das geschehen? Zum Beispiel durch vergleichende Arbeiten pro Fach und Jahrgang über einen längeren Zeitraum. Da schreiben zum Beispiel Klasse A und Klasse B vier identische Mathe-Arbeit und Schuljahr. Am Ende des Jahres ist der Notendurchschnitt in Klasse A von 3,6 auf 3,2 gesunken ind Klasse B von 3,5 auf 4,2 gestiegen. Bekommt dann Mathelehrer A eine höhere Prämie als Lehrer B? Das kann es wohl nicht sein. Wie man auf eine solche Art und Weise Wertschätzung vermitteln will, kann ich nicht nachvollziehen. Weitere Aussagen zu den Details ihres Entlohnungsodells macht Frau Beer nicht. Es dürfte auch schwierig sein, eine Tätigkeit wie die einer Lehrkraft "leistungsabhängig" zu bezahlen. Deswegen kann man der FDP nur raten, die Finger davon zu lassen. Schon bei vielen anderen Tätigkeiten, die von ihrer Charakteristik her besser dafür geeignet erschienen, hat sich diese Art der Bezahlung als problematisch erwiesen. Man denke nur an die Unzahl von variablen Entlohnungsmodellen in der Fertigung und den hohen Anteil davon, der nach einer gewissen Zeit nicht mehr praktiziert wurde, sowie an die Art und Weise, wie viele Beurteilungssysteme in der Praxis umgesetzt werden. Anstatt über die Bezahlung nachzudenken, sollte man überlegen, wie man die Führungskräfte im Bildungssystem besser auswählt und auf ihre Aufgabe vorbereitet. Das wird sich in jedem Fall auf die Qualität des Unterrichts auswirken.

Mittwoch, 9. September 2015

Sprach- und Hörbehinderungen in Organisationen

Einige Gedanken für eine erfolgreiche Reha.

Sie erleben es in Besprechungen immer wieder. Da wird viel geredet, teilweise in längeren Monologen, ohne dass damit aber viel oder Substantielles gesagt würde. Sie reden mit ihrem Chef, merken aber sehr schnell an seiner Körpersprache, seinen Reaktionen, dass er in Gedanken ganz woanders ist. Sie wollen ihm endlich einmal zu verstehen geben, dass sie ihre Leistung nicht richtig gewürdigt sehen, aber die passenden Formulierungen kommen ihnen nur schwer über die Lippen. Sie ärgern sich als Führungskraft über eine Mitarbeiterin und wollen ihr das "in aller Deutlicheit" klar machen. Als sie ihnen drei Tage später gegenüber sitzt, reicht es nur noch für einige weich gespülte Äußerungen. Sie weisen einen Mitarbeiter auf fehlerhaftes Verhalten hin, merken aber, dass er ihre Botschaft zwar hört, aber nicht aufnimmt.
Da gibt es den Kollegen, der sich nicht mehr traut, weil er nichts falsch machen will, weil er wegen zu häufiger Kritik und kaum Lob keinen Mut mehr hat, oder weil es ihm einfach egal ist. Oder weil er schon lange nicht mehr nach seiner Meinung gefragt worden ist.
Kommunikation ist ein schwieriges Geschäft. In Seminaren hören und lernen wir immer wieder fundierte Theorien, habe schon von den verscheidene Ebenen gehört und wissen, dass das was wir senden beim Empfänger noch lange nicht so ankommt. Das theoretische Rüstzeug ist durchaus sinnvoll, nur wir müssen es auf unsere eigene, individuelle Praxis anwenden und uns damit auseinandersetzen. Das ablehnende "In der Praxis sieht alles doch ganz anders aus" ist hier die falsche Reaktion.
Wertschätzung vermittelt sich ausschließlich durch Kommunikation. Und wenn wir uns an Watzlawicks Satz erinnern, dass man nicht nicht kommunizieren kann, können wir uns bewußt machen, dass unser ganzes Verhalten eine Wirkung auf andere hat.
Auch wenn wir uns nur ansatzweise mit Kommunikationstheorien beschäftigen, können wir erahnen, dass man auf diesem Gebiet durchaus etwas lernen kann. Verhalten kann man ändern. Zuhören, jemanden ausreden lassen, versuchen zu verstehen, gegebenenfalls nachfragen, Interesse zeigen, das kann man trainieren. Klare Ansagen machen anstatt Floskeln von sich zu geben. Lieber weniger plappern und dafür etwas sagen. Nicht nur kritisieren sondern auch loben und anerkennen. Die Mitarbeiter einbeziehen und um ihre Meinung fragen. Kritik sachlich und fair vermitteln. Dafür muss man sich seine Persönlichkeit umkrempeln.
Dazu gehört auch ein Gefühl dafür zu entwickeln, was man wie in welcher Situation aussprechen kann. Bedingungslose Offenheit ist nicht immer gut und angebracht, sorgsame ausbalancierte diplomatische Rede muss aber auch nicht sein.
Massstab für das kommunikative Verhalten muss immer die Frage sein, wie vermittele ich meinem Gegenüber Wertschätzung. Dann lassen sich schon viele Sprach- und Hörbehinderungen zumindest lindern.