Freitag, 26. September 2014

Das Kopftuch der Krankenschwester...

...ist auch ein Führungsproblem. Wie hätten sie sich verhalten, als Pflegedienstleiter, Verwaltungschef, Chefarzt oder sonstige Führungskraft in einem konfessionell orientierten Krankenhaus? Da kommt eine Krankenschwester, Muslima, plötzlich mit einem Kopftuch, nachdem sie jahrelang vorher ohne diese Kopfbedeckung zur Arbeit erschienen war.
Man sollte diese Situation nicht als Sonderfall, der nur unter besonderen Bedingungen vorkommen kann, einstufen. Wenn sie sich einmal genauer in ihrer Arbeits- und Führungssituation umschauen, werden sie möglicherweise ähnliche Fälle entdecken. Da verhält sich ein Mitarbeiter nicht (mehr) regelkonform ohne dass seine eigentliche Arbeit darunter leidet. Denn das können wir im vorliegenden Fall sicher unterstellen. Die Krankenschwester in dem Bochumer Krankenhaus hat ihre eigentliche Arbeit weiter ordentlich verrichtet. Sollte das nicht der Fall gewesen sein und der Kopftuchstreit wäre nur ein Vorwand gewesen, sich von der Dame zu trennen, sollte das Krankenhaus in jedem Fall seine christliche Ausrichtung hinterfragen.

Ich biete ihnen hier meine Verhaltensversion als Diskussionsgrundlage an. Ich hätte mit der Mitarbeiterin ein Gespräch geführt und sie zunächst nach ihrer Motivation gefragt, nun plötzlich mit Kopftuch zu arbeiten und wie wichtig ihr das ist. Sie hätte dann wahrscheinlich die religiöse Bedeutung des Kleidungsstücks betont und deutlich gemacht, dass sie es nicht ablegen würde. Ich hätte ihr erklärt, dass eine religiös ausgerichtete Institution, wie das BAG nun auch erläutert hat, von ihren Mitarbeitern, die einer anderen Religion angehören, in jedem Fall Neutralität in ihrem Auftritt verlangen kann  und sie gebeten, ihr Verhalten noch einmal zu überdenken. Wenn sie weiterhin auf dem Tragen des Tuches besteht, würde ich es ihr gestatten allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass gerade die christliche Haltung der Organisation auch eine Toleranz in solchen Fragen nahe legt. Das würde ich auch offen so, beispielsweise in Abteilungsrunden und - ganz wichtig - im Führungskreis so vertreten. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung für solche Entscheidungen: da müssen alle Führungskräfte nach demselben Grundsatz entscheiden.
Das ist ihnen zu soft? Stellen sich folgende Frage: Was ist die eigentliche Zielsetzung ihrer Organisation? Am Beispiel dieses Krankenhauses: Ein Krankenhaus hat die Aufgabe, zur Heilung der ihm anvertrauten Patienten beizutragen. Gerade ein christliches Haus sollte in der guten Betreuung der Kranken einen hohen Wert sehen. Wird die Krankenschwester dem gerecht? Wenn ja, dann ist das Kopftuch hier von nachrangiger Bedeutung und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund ihr das Tragen zu verbieten und daraus einen derartigen Streit zu machen. Das ist für mich das eigentlich zu Kritisierende, dass eine christliche Institution wegen einer derartigen Angelegenheit vor das BAG zieht und nicht in der Lage ist vorher eine Einigung zu suchen. Da hätte auch die evangelische Kirchenleitung die Bremse ziehen können.
Freilich muss man diesen Vorwurf auch der Schwester machen. Ist ihre Religionsausübung wirklich so eingeschränkt, wenn sie ohne Kopftuch arbeitet, wie sie es jahrelang auch gemacht hat? Kann sie nicht auch die religiöse Einstellung ihres Arbeitgebers tolerieren?
Unter dem Gesichtspunkt der Führung  muss man diesen Fall an der eigentlichen Zielsetzung der Organisation messen. Dann erscheint die Entwicklung als völlig unangemessen und der damit erzeugte Aufwand als nicht vertretbar.



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