Montag, 14. April 2014

Stellenbewertungssysteme - ein überschätztes Instrument

Job Grading - auch mit neuem Etikett wird diese Uraltidee nicht sinnvoller. Wurden Stellen in Unternehmen in der Vergangenheit zum Zweck der Entgeltfindung bewertet, wird dieses Instrument heute auch als Grundlage beispeilsweise für Personalentwicklungs- oder sogenannte Performance-Managementsysteme genutzt.
Die Online-Ausgabe von Human Resources Manager berichtet am 8.4., dass BMW ein einheitliches Funktionsbewertungssystem weltweit in allen Tochtergesellschaften einführt. Wenn man sich schon einmal mit derartigen Systemen beschäftgt hat, kann man die mit diesem Projekt befassten HR-Kollegen nur bedauern. Gleichzeitig muss man ihnen auch Respekt zollen. Der HR-Bereich von BMW hat es offensichtlich geschafft, die Unternehmensleitung von der Sinnhaftigkeit dieser Einführung zu überzeugen. Da wird immer darüber gejammert, dass HR keinen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen haben soll. Wohl wurde aber vergessen, die heutzutage übliche Standardfrage an HR zu stellen, welchen Wertbeitrag diese Aktion denn bringe. Ich wage die kühne Prognose, dass die Umsatzrendite von BMW deswegen nicht steigen wird. Es wundert schon, dass die bei einem Automobilhersteller sicher vorhandenen Key-Figure-Fetischisten nicht die Frage nach der Amortisation dieser Investition gestellt haben.

Auch wenn man den Traum gerade in einem international tätigen Unternehmen nachvollziehen kann, Positionen miteinander vergleichbar zu machen, muss man doch fragen, ob sich der enorme Aufwand rechtfertigt. Dabei geht es nicht nur um den Einführungsaufwand sondern auch um den Betriebsaufwand. Jede kleinste organisatorische Änderung  muss nachgepflegt werden sonst stimmt bald das ganze System nicht mehr.
Der gewichtigste Einwand gegen derartige Systeme muss aber auf die vermeintliche Objektivität zielen, mit der Stellen bewertet werden. Den früheren Systemen wurde noch das Adjektiv "analytisch" zugeordnet. Glücklicherweise hat man im Laufe der Zeit eingesehen, dass jede Analytik irgendwann in Politik umschlägt. Auch in einem aus allen Funktionen zusammengesetzten Bewertungsgremium wird interessengeleitet argumentiert. Die Stellen, die eine gute Lobby haben, werden gut bewertet. Dem wirken die sogenannten summarischen Verfahren oder die Einführung von Job Families basierend auf Marktvergleichen entgegen. Damit nimmt aber die Subjektivität wieder zu.
Die Einführung und der Betrieb funktionieren nachvollziehbarerweise nicht ohne Beraterunterstützung. Es gibt Berater, die sich auf dieses Feld spezialisert haben und hervorragend davon leben. Es wundert deshalb nicht, dass diese Zunft dieses Instrument offensiv propagiert.
Bedenklich stimmen muss auch die mechanistische Haltung, die Job Grading-Systeme als Voraussetzung für bspw. Personalentwicklungssysteme ansieht. Die Stellenbewertung trennt immer zwischen Stelle und Inhaber. In der Personalentwicklung sollte aber der Stelleninhaber im Mittelpunkt stehen und dessen Potenzial im Verhältnis zur aktuellen oder zu anzustrebenden Funktionen. PE-Maßnahmen nach der Wertigkeit von Stellen zu steuern trägt dazu bei, den Wert der Stelle auf den Inhaber zu übertragen. Umgekehrt werden die Karrierevorstellungen und -ambitionen am Stellenwert ausgerichtet und nicht an ihrem Inhalt und ihren tatsächlichen Anforderungen. Im Vordergrund steht dann wieder der Status.

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