Montag, 17. Juni 2013

Informelle Entscheidungen - ein Glück für jede Organisation

Oder: Warum nicht alle Vorstandsentscheidungen wirken.

Spinnen wir das Beispiel um die Einführung der Telearbeit aus dem letzten Post weiter. Der Vorstand hat also entschieden, dass keine Telearbeit eingeführt wird. Nun gibt es aber in einer Abteilung eine Frau, die bereit war, ihren Erziehungsurlaub zu verkürzen, wenn sie einen Teil ihrer Arbeit zukünftig aus dem Home-Office erledigen könnte. Die junge Dame gilt als gute Mitarbeiterin, gar als Potenzialträgerin und auch von ihrer Arbeit wäre es möglich, zumindest einen Tag in der Woche vom heimischen Büro aus zu arbeiten. Doch nun steht die Vorstandsentscheidung im Weg. Die Mitarbeiterin ist durchaus zum Entgegenkommen bereit, was Dauer ihres Erziehungsurlaubs und Verteilung ihrer wöchentlichen Arbeitszei angeht aber sie möchte auch Flexibilität des Arbeitgebers bezüglich der Heimarbeit. Gott sei Dank hat sie einen souveränen Vorgesetzten.
Der hat gute Verbindungen zur IT-Abteilung und und ermöglicht ihr einen Tag in der Woche Arbeit vom Home-Office aus. Die anderen Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung haben damit kein Problem, sie haben die Vorstandsentscheiung eh nicht verstanden. So haben aber beide Seiten, Arbeitgeber und Mitarbeiterin, einen Vorteil. Natürlich ist unser Vorgesetzter ein erfahrener Mann und weiß, dass bei nächster Gelegenheit ein wohlmeinender Kollege zum Vorstand läuft und petzt. Deshalb hat er vorsorglich und fairerweise seinen Chef mit ins Boot genommen, der die Entscheidung auch mitträgt. So können beide gelassen die weitere Entwicklung abwarten und ziemlich sicher sein, dass das Thema wieder auf den Tisch kommt. Bis dahin können sie immerhin ein funktionierendes Beispiel vorweisen und für sich in Anspruch nehmen, eine gute Mitarbeiterin an Bord behalten zu haben. Das wird die Wirkung des Vorstandsrüffels abmildern.
Dieses Beispiel bestätigt die alte Erfahrung, dass Organisationen für ihr erfolgreiches Funktonieren informelle Kommunikation und Entscheidungen benötigen Und dass dazu Führungspersönlichkeiten notwendig sind, die Mut haben. Keine Systemagenten, die willfährig und ohne kritische Distanz die Entscheidungen der Leitung ummsetzen. Dazu ist es auch notwendig, dass die Unternehmensleitung sich dessen bewußt ist und bei ihren Entscheidungen genau trennt zwischen denen, die wirklich "ganz oben" entschieden werden müssen und denen, die dezentral in der Organisation entschieden werden können und für die es vielleicht  nur Rahmenentscheidungen braucht.


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